Verfolgte Autoren?

Falls sich nicht noch etwas überraschend Neues ergibt, wird dies mein letzter Beitrag zum Thema, versprochen!

Vorgestern habe ich ja bereits über den „Buchclub“ (meine Bezeichnung) „Ein Buch lesen!“ berichtet, der John Asht in seinem Kampf gegen die „Rezi-Mafia“ unterstützt, genauso, wie sich viele Mitglieder mit Amazon-Bewertungen gegenseitig unterstützen.

Gestern nun hat Ursula Prem von „Ein Buch lesen!“ zwei Artikel zum Thema im Blog veröffentlicht. Das eine ist eine positive Rezension von „Twin-Pryx“, hier nur ein paar Sätze:

Wer sich die Mühe macht, das Buch zu lesen, den nimmt John Asht mit in ein fremdes, faszinierendes Universum einer individuellen Gedankenwelt. Und eben das macht diese Buch nicht nur zu einem guten Buch, sondern sogar zu einem Meisterwerk.

Weiter:

Positiv beeindruckt hat mich das Frauenbild des Autors. Anders, als man es von vielen Schriftstellern gewöhnt ist, sind seine Frauengestalten durch die Bank starke Persönlichkeiten. […] [S]ämtliche Frauen in Twin-Pryx [agieren] als eigenständige Handlungsträger, völlig frei vom üblichen Warten auf den Retter mit dem weißen Pferd.

Kurzer Abstecher zu Ashts Blogbeitrag „Frauenquote?“:

Es ist nun mal gegen die Natur einer biologisch richtigen tickenden Frau, plötzlich hochtechnisierte Maschinen, Formeln oder Raketen zu erfinden. Ihr liegt es eher, Wärme in eine Familie zu bringen und einfühlsam die Kinder zu erziehen.

Und zurück zur Rezension:

Bedenkt man, dass die Analphabetenquote in unserem Lande ständig steigt, […] dass kostbarer Wortschatz nach und nach verschwindet und durch sprachlichen Einheitsbrei ohne emotionalen Gehalt ersetzt wird, freue ich mich, den ein oder anderen Anklang an sprachlich glücklichere Zeiten in Twin-Pryx zu finden. Dennoch versteht es John Asht in jedem Moment, dieses Stilmittel so zu dosieren, dass ihm der Rückweg in die Moderne offen und das Buch auch für den heutigen Menschen sehr gut lesbar bleibt.

Wie bereits in einem früheren Artikel erwähnt, bietet die Leseprobe bei Amazon die Möglichkeit, sich einen ersten Eindruck von der Sprache zu verschaffen.

Jetzt aber zum spannenderen Artikel: „Der Fall John Asht – Die Freitagskolumne von Ursula Prem“

Zunächst einmal bedankt sie sich nett:

Vielen Dank an alle, die sich blindlings auf John Asht gestürzt haben, als diesem die Gäule durchgingen. […] Der zweite Teil meines Dankes würdigt die Tatsache, dass durch Vorgänge wie diesen deutlich sichtbar wird, wie stark der Vernichtungswille zwischen Menschen in Wirklichkeit ausgeprägt ist.

Nein, dieser Vorgang zeigt lediglich, wie das heutige Internet (oder Web 2.0) funktioniert: Asht regt sich auf und stößt damit eine Welle von Kommunikation und (meist negativen) Reaktionen an. Wer ein bißchen von Krisen-PR versteht, wird warten, bis so eine Welle abgeebbt ist, mit etwas mehr Sachverstand kann man vielleicht sogar darauf reiten und sie beruhigen. Und es gibt die Methode Asht: durch wütende Postings im eigenen Blog die Sache am Kochen halten.

Ich habe jetzt schon viele Artikel und Kommentare zum Thema gelesen, aber bislang keinen Aufruf zur (tatsächlichen oder wirtschaftlichen) Vernichtung. So etwas mag es vereinzelt geben, Ursula Prem erwähnt in einem ihrer früheren Blogeinträge:

Er wolle nicht in einer Welt leben, wo jemand wie John Asht Bücher schreiben dürfe, bekannte ein Twitternutzer
(Quelle)

Das ist aber nicht der Normalfall. In ihrer Freitagskolumne spitzt Ursula Prem die Sache jedoch noch weiter zu und verweist auf das Milgram-Experiment, bei dem die Versuchspersonen glaubten, sie würden jemanden mit Stromschlägen quälen und schließlich töten. „Ein unzulässiger Vergleich?“ fragt sie dann treuherzig.

Nehmen wir nun an, dass ein Autor vom Schreiben seiner Bücher lebt.

Von wem reden wir hier? Asht? Wenn der allein vom Schreiben seiner Bücher lebt, hätte er dann nicht wegen Unterernährung Probleme, eine Tastatur zu bedienen?

Da diese Annahme hier bereits reichlich unwahrscheinlich ist, braucht man sich auch nicht weiter mit der Schlußfolgerung zu beschäftigen, daß böse Rezensionen den Hungertod des Autors bedeuten. Im konkreten Fall ist das lächerlich.

Verfolgt und von Vernichtung bedroht fühlen sich die Autoren des Buchclubs anscheinend häufiger. In einem Kommentar zu meinem vorigen Artikel wies „Anubis“ auf diesen älteren Beitrag von Ursula Prem hin.

Das Buch „Bestatten – mein Name ist Tod“ von Clubmitglied G. C. Roth war auf Ciao.de von „Cosmay“ verrissen worden, die am Schluß das Buch als „alternative Heizmethode“ empfiehlt. Für Roth wurde damit „der absolute Vernichtungswille auffällig, der weit über das Maß einer normalen Negativrezension hinausging“.

„Cosmay“ gab ihr Exemplar des Buchs offensichtlich weiter an „Sendorra“, die es „zeitfressendes Altpapier“ nannte und an „Unwahrscheinlich“ weiterreichte, die sich nur sehr kurz fasste und unter anderem „drohte“:

Wenn mich Irgendjemand nach dem Inhalt des Buches fragt engagiere ich Moskau-Inkasso.

Autorin Roth schafft es dann in einem eigenen Blogartikel aus dem (vermutlich wohlmeinenden) Rat von „Sendorra“, sich nicht öffentlich aufzuregen, dem Stichwort „Moskau-Inkasso“ und einer Szene aus einem Louis de Funès-Film, die „Unwahrscheinlich“ verlinkte (und in der das Wort „Erpresser“ vorkommt) eine Theorie zu entwickeln:

Sollten all die Verrisse nur den Sinn haben, mich durch den Kaktus auf die Idee zu bringen, den Schreiberlingen Geld anzubieten, damit sie aufhören meinen Ruf zu schädigen?

Wenn ein Erpresser (falls es ihn gibt) so dezent vorgeht, daß der Erpresste nicht einmal sicher ist, ob er erpresst wird, macht der Erpresser was falsch.

Auch die Amazon-Rezensentin Heike Stopp, die anscheinend mit dem Buchclub assoziiert ist, stimmt mit ein. Bei einer Rezension von „Bestatten, mein Name ist Tod“ kommentiert sie:

Wer Kritiken unter der Gürtellinie schreibt, sollte es selbst vielleicht erst einmal bessermachen. Geldgier? Traurig, wenn (negative) Rezensionen vielleicht noch bezahlt werden. Vielleicht von Neidern oder missgünstigen Menschen? Woanders nennt man das „Bestechung“.

Und zwei Tage bevor Asht seinen erzürnten Beitrag unter Myriels Rezension/Kritik/Meinung setzt, kommentiert Stopp eine Rezension von „Gedankenfreiheit“ (=Ursula Prem) über das Buch „ForenTroll: Ein modernes Märchen für Erwachsene“ von Clubmitglied Sylvia B.:

Ich vermisse die Beiträge der Trolle (!)
Endlich mal ehrliche, hilfreiche Bewertungen, wohin das Auge blickt. Sollten da nicht auch die Forenbetreiber selbst gefragt sein? Schließlich lässt sich im Zeitalter der Technik vieles nachvollziehen. Und soweit ich weiß, wird man auch für Beleidigungen haftbar gemacht, die auf bestimmten Plattformen veröffentlicht werden. Als Forenbetreiber ist man da mit in der Haftung. Einmal ganz abgesehen davon, dass es einfach zum menschlichen Anstand gehört, nur Bücher zu bewerten, die man auch gelesen hat (weshalb ich dieses Buch hier leider – noch – nicht bewerten kann). Und dann eben fair zu bleiben. Doch mancher wird ja sogar für eine negative Beurteilung bezahlt und die Auftraggeber sind in den seltensten Fällen herauszufinden. Die Trolle hinter den Trollen…

Kann natürlich Zufall sein…

6 Antworten to “Verfolgte Autoren?”

  1. Sylvia B. Says:

    Lieber Michael Butschers,

    vielen Dank für Ihre Werbung für meinen »ForenTroll«.

    Mir hat die Arbeit an dieser Satire sehr gut getan. Die »Lieschenreihe« entstand zeitnah zu meiner Publikation »menière desaster«. Bei meiner Trilogie sehen Sie die Kritikpunkte der Rezensenten, die sich an meinem Schreibstil festmachen. Irgendwo zwischen Lyrik und Prosa, die Kleinschreibung, das stört den einen, den anderen nicht. Gerade in »meniére desaster« schafft dieser Stil aber die Distanz, die der Leser braucht, um die Beschreibung der Krankheit zu ertragen. Eine noch größere Distanz brauchte ich aber, um, quasi durch eine Wand aus Panzerglas, diese Zeit noch einmal zu betrachten und die Ereignisse festzuhalten.

    So hat sich der Stil entwickelt, dem ich auch in den weiteren Publikationen treu bleibe.
    Dadurch, dass ich von meinen Publikationen nicht leben muss (ich gestehe: Meine Autorenmarge trage ich zum Tierarzt, ich schreibe also für die Katz :-)), fühle ich mich als freie Autorin. Das tut mir gut, da ich durch diese Erkrankung natürlich mit großen Einschränkungen leben muss, schafft sie mir etwas Lebensqualität, ohne Druck von Seiten der materiellen Erfordernisse.

    Durch diese Erkrankung habe ich nicht nur mein Gehör weitestgehend verloren, auch meine Gleichgewichtsorgane sind nicht mehr so wie sie sein müssten. Es ist mir sehr schwer gefallen, aus dem Arbeitsprozess quasi herauskatapultiert zu werden. In dieser Situation habe ich mir überlegt, wie ich meine Zeit sinnvoll verbringen kann. Die Mitarbeit bei der Autorengemeinschaft »Ein Buch lesen!«, an dem Aufbau dieser Gemeinschaft mitzuwirken, hat mir sehr viel gebracht und bringt es noch heute. Diese Gemeinschaft fängt mich auch auf, wenn es mir schlecht geht. Wenn Sie einen Blick in die #News werfen, http://www.ein-buch-lesen.com werden Sie sehen, dass eine bunte Mischung von Büchern, Autoren, Rezensenten, Künstlern dort zu finden sind, denen dadurch auch eine weitere Möglichkeit der Darstellung gegeben ist.

    Es sind auch ganz viele wunderbare Kontakte zustande gekommen. Diese mag ich nicht mehr missen.

    Sehen Sie, lieber Michael, alles ist im Grunde genommen einfach nur menschlich.
    Aus meiner persönlichen Geschichte darf ich sagen, dass es mir mehr bringt, konstruktiv an einer Sache zu arbeiten, Destruktivität habe ich durch Morbus Menière erlebt.

    Einen lieben Gruß aus dem Münsterland

    Sylvia B.

    • mbutscher Says:

      In meinem vorigen Artikel https://abwaschbar.wordpress.com/2012/02/09/der-eigenartige-buchclub/ habe ich ja bereits erwähnt, daß ich das Verhalten Ihrer Gemeinschaft nicht besonders schlimm finde. Es mag rein prinzipiell falsch sein, eine positive Rezension zu schreiben, nur weil man den Autor sympathisch findet, aber es ist eben menschlich.

      Ebenso menschlich ist aber auch das Verhalten derjenigen, die vor einem Jahr negativ über das Buch “Bestatten – mein Name ist Tod” von G. C. Roth und heute über John Asht und sein Buch schreiben, ohne daß man von einem Vernichtungswillen oder einer Rezensionsmafia ausgehen muß.

  2. timba Says:

    Die Trolle sind jedenfalls defintiv schon in UPs Milgrim-Erguss eingefallen. Jedenfalls zensiert sie reihum, muss wohl daran liegen.

  3. Akos Says:

    Es mag menschlich sein, Sympathierezensionen zu verfassen – was anscheinend bei diesem ‚Buchclub‘ weithin passiert. Sympathisch ist zumindest mir das nicht, ebenso wenig, wenn bei Kritik an einem Buch der Kritiker persönlich angegangen wird, wie hier An Cosmay.

    • mbutscher Says:

      Das hatte ich noch nicht gesehen, da bekommt der Titel von Roths eigenem Beitrag „Autoren stalken – ein Spiel auf Ciao?“ ja eine ganz andere Bedeutung (wenn man „Autoren“ als Subjekt statt Objekt interpretiert).

    • Anubis Says:

      Puh. Bislang habe ich die Wortmeldungen dieses eigentümlichen Buchclubs vor allem als realitätsfern und von Selbstüberschätzung geprägt wahrgenommen, aber dieser Erguss »an Cosmay« ist schlicht ekelhaft. So etwas zeigt, dass John Asht das Ashten* nicht selbst erfunden hat. Es war auch schon vorher in Gebrauch und hat darauf gewartet, einen Namen zu bekommen.

      * Ashten hier natürlich im gebräuchlichen Sinne von »eine Kritikerin mit Drohungen und Unterstellungen einschüchtern wollen« verstanden, nicht in der Bedeutung, die Ursula Prem dem Begriff auf ihrem Blog zu geben versuchte.

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